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Luxation

Arthroskopische Techniken der Schulterstabilisierung unterliegen einer fortwährenden Entwicklung und verdrängen in der klinischen Routine zunehmend das offene Vorgehen. Als primäres Erfolgskriterium der Stabilisierungsoperationen gilt dabei nach wie vor die postoperative Rezidivrate. Inwiefern die arthroskopischen Techniken äquivalente Ergebnisse zum offenen Standard liefern, untersuchte eine Metaanalyse, welche die Ergebnisse der entsprechenden Studien zwischen 1985 und 2006 verglich.

Hierbei zeigte sich, dass das postoperative Ergebnis der arthroskopischen Operationen wesentlich von der angewandten Operationstechnik abhängt 2. Während für arthroskopische Staple-Refixationen (Rezidivrate: 23%) und transglenoidale Nahttechniken (Rezidivraten inhomogen: 8–60%) signifikant schlechtere Ergebnisse im Vergleich zur offenen Bankart-Refixation (Rezidivrate: etwa 10%) nachgewiesen wurden, zeigten arthroskopische Fadenankertechniken äquivalente Ergebnisse (Rezidivrate: 8,9%).

Bezüglich des optimalen Operationszeitpunkts existiert weiterhin keine prospektiv randomisierte Studie, die einen klaren Vorteil der unmittelbar nach der Erstluxation versorgten Patienten gegenüber den sekundär, d. h. nach einer oder mehreren Rezidivluxationen versorgten Patienten nachweist.

Ist eine konservative Therapie gerechtfertigt?

Da keine sicheren Daten für ein akutes operatives Vorgehen nach traumatischer Erstluxation vorliegen, ist ein konservatives Vorgehen mittels temporärer Ruhigstellung weiterhin gerechtfertigt. Itoi  (Itoi E, Hatakeyama Y, Sato T et al (2007) Immobilization in external ro­tation after shoulder dislocation re­duces the risk of recurrence. A ran­domized controlled trial. J Bone Joint Surg Am 89(10):2124–2131) wies im Rahmen einer prospektiv randomisierten Studie nach, dass die Reposition des Labrums an den vorderen Glenoidrand besser bei Ruhigstellung des Arms in Außenrotation gelingt.

Die Rezidivrate in der Außenrotationsgruppe war dabei signifikant gegenüber den Patienten mit Ruhigstellung in Innenrotation reduziert (26 vs. 42%). Das zugrundeliegende Prinzip besteht in einer verbesserten Reposition des Labrums durch Anspannen der anterioren Kapsel. Magnetresonanztomographisch erwies sich eine Außenrotation von 30° als ausreichend. Eine Ruhigstellung in endgradiger Außenrotation bot keinen weiteren Vorteil bezüglich der Labrumreposition an den vorderen Pfannerand . Eine 5-wöchige Ruhigstellung zeigte ebenso keine Vorteile gegenüber einem 3-wöchigen Intervall, sodass letzteres zugunsten einer früheren Mobilisation empfohlen wird.

Quellen

LIN, K. M.  et al. Pediatric and adolescent anterior shoulder instability: clinical management of first-time dislocators. Curr Opin Pediatr, v. 30, n. 1, p. 49-56, 02 2018. ISSN 1531-698X. Disponível em: < https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/29135565 >.

HETTRICH, C. M.  et al. Epidemiology of the Frequency, Etiology, Direction, and Severity (FEDS) system for classifying glenohumeral instability. J Shoulder Elbow Surg, v. 28, n. 1, p. 95-101, Jan 2019. ISSN 1532-6500. Disponível em: < https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/30348544 >.

KARDOUNI, J. R.; MCKINNON, C. J.; SEITZ, A. L. Incidence of Shoulder Dislocations and the Rate of Recurrent Instability in Soldiers. Med Sci Sports Exerc, v. 48, n. 11, p. 2150-2156, 11 2016. ISSN 1530-0315. Disponível em: < https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/27327025 >.

Rotatorenmanschette

Gerade bei der großen Rotatorenmanschettenruptur stellt sich die Frage, ob auch unter konservativer Therapie akzeptable Ergebnisse erzielt werden können. Bei motorisch relativ gut kompensierten und schmerzarmen Patienten konnte gezeigt werden1; 2, dass im Verlauf von 4 Jahren nach Erstdiagnose die aktive Schultergelenkbeweglichkeit unter konservativer Therapie konstant blieb (Endzustand: 136° Anteversion und Abduktion, 39° Außenrotation). Allerdings drückte sich die allgemeine Schulterfunktion unter Einbeziehung der Schmerz- und Kraftparameter in einem nur mäßigen Schulterfunktionsscore nach Constant-Murley aus. Im Röntgen ließ sich dabei sowohl ein Fortschreiten der Dezentrierung des Humeruskopfs nach oben um durchschnittlich 3 mm, als auch ein Fortschreiten der glenohumeralen arthrotischen Komponente um durchschnittlich 1–2 Stadien nach Samilson3 nachweisen. Die anhand der Sehnenretraktion und der muskulären Atrophie initial als reparabel klassifizierten Rupturen mussten daher vier Jahre nach der Erstdiagnose als nicht (mehr) reparabel eingestuft werden. Trotz befriedigender Beweglichkeit bestand für die Patienten damit keine Möglichkeit einer gelenkerhaltenden Therapie mehr.

Im Hinblick auf die Naht transmuraler Rotatorenmanschettenrupturen weist der Trend ähnlich wie bei der Schulterstabilisierung hin zu einem arthroskopischen Vorgehen. Allerdings lässt sich unter Berücksichtigung der Literatur der letzten 3 Jahre kein objektivierbarer Vorteil einer arthroskopischen Technik gegenüber der konventionellen offenen Technik oder einem Mini-open-Vorgehen nachweisen.  Der Trend zur Schmerzreduktion und verbesserten Funktion im kurzfristigen postoperativen Intervall ist für weniger invasive Techniken belegt. Allerdings hatte sich dieser Vorteil bereits 6 Monate nach der Operation an die offene Operationstechnik angepasst. Innerhalb der arthroskopischen Techniken werden zunehmend Rekonstruktionen unter Verwendung zweier Nahtreihen („double-row“ oder „transosseous equivalent“) propagiert. Doch was ist der Vorteil der Technik?

  • verbesserte Lastverteilung auf vier Fadenanker
  • erhöhte Primärstabilität
  • erhöhter Anpressdruck der Sehne an das Knochenbett

Diese biomechanischen Vorteile lassen sich anhand erster klinischer Studien doch nicht nachweisen. So fanden einige Autoren5 im Rahmen einer randomisierten Vergleichsstudie der arthroskopischen 2-Reihen- und 1 Reihen -Technik keinen signifikanten Unterschied in Bezug auf die postoperative Schulterfunktion oder magnetresonanztomographisch kontrollierte Sehnenintegrität. Aktuelle Metaanalysen bestätigen diese Ergebnisse. Die Frage der Zeit bis zur vollständigen Verbesserung der Schulterfunktion nach Rotatorenmanschettennaht zeigt, dass nach arthroskopischer Rotatorenmanschettennaht die Schulterfunktion erst 12 Monate nach der Operation ihr endgültiges Niveau erreicht. Die Patienten wurden im Rahmen der Studie in Intervallen von 3, 6, 12 und 24 Monaten nach der Operation untersucht. Die stärksten Verbesserungen der Schulterfunktion ergaben sich bis zum 3. und vom 3. bis zum 6. postoperativen Monat.  Bezogen auf die aktive Beweglichkeit und die Kraft setzte die Entwicklung gegenüber der Gesamtfunktion verzögert ein und zeigte den maximalen Fortschritt um den 6. post-operativen Monat.

Ein wesentlicher Schritt nach vorne in der Rotatorenmanschettenchirurgie ist die sogenannte Superior Capsule Reconstruction. Bei dieser Operation wird ein straffes Sehnenimplantat eingesetzt und funktioniert als Widerlager gegen das Hochtreten des Oberarmkopfes.6 Schmerzreduktion und Funktionsverbesserungen sind erfasst, über die Nachhaltigkeit kann noch keine sichere Aussage getroffen werden. Im Vergleich zum Gelenksersatz schneidet diese Methode deutlich besser ab, da eine implantierte Endoprothese nur gegen eine neue Endoprothese ausgetauscht werden kann. Und das ist in der Sehnenchirurgie möglichst spät anzustreben…

Quellen

WERNER, C. M.  et al. The biomechanical role of the subscapularis in latissimus dorsi transfer for the treatment of irreparable rotator cuff tears. J Shoulder Elbow Surg, v. 15, n. 6, p. 736-42, 2006 Nov-Dec 2006. ISSN 1532-6500. Disponível em: < https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/17126245 >.

ZINGG, P. O.  et al. Clinical and structural outcomes of nonoperative management of massive rotator cuff tears. J Bone Joint Surg Am, v. 89, n. 9, p. 1928-34, Sep 2007. ISSN 0021-9355. Disponível em: < https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/17768188 >.

SAMILSON, R. L.; BINDER, W. F. Symptomatic full thickness tears of rotator cuff. An analysis of 292 shoulders in 276 patients. Orthop Clin North Am, v. 6, n. 2, p. 449-66, Apr 1975. ISSN 0030-5898. Disponível em: < https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/1093091 >.

ERNSTBRUNNER, L.  et al. Long-Term Outcomes of Pectoralis Major Transfer for the Treatment of Irreparable Subscapularis Tears: Results After a Mean Follow-up of 20 Years. J Bone Joint Surg Am, v. 101, n. 23, p. 2091-2100, Dec 2019. ISSN 1535-1386. Disponível em: < https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/31800422 >.

FRANCESCHI, F.  et al. Equivalent clinical results of arthroscopic single-row and double-row suture anchor repair for rotator cuff tears: a randomized controlled trial. Am J Sports Med, v. 35, n. 8, p. 1254-60, Aug 2007. ISSN 0363-5465. Disponível em: < https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/17554104 >.

ALTINTAS, B.  et al. Superior Capsule Reconstruction for Irreparable Massive Rotator Cuff Tears: Does It Make Sense? A Systematic Review of Early Clinical Evidence. Am J Sports Med, p. 363546520904378, Mar 2020. ISSN 1552-3365. Disponível em: < https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/32191494 >.

Dr. Martin Schwarz, MSc, Prim. a.D.
Facharzt für Unfallchirurgie,
Facharzt für Orthopädie und Traumatologie Schulterzentrum Wien
Ordination für Schulter, Knie und Sportverletzungen